E.T.A. Hoffmann,
„Die Automate"
"'Mir sind', sagte Ludwig, „alle solche Figuren, die dem Menschen
nicht sowohl nachgebildet sind, als das Menschliche nachäffen, diese wahren
Standbilder eines lebendigen Todes oder eines toten Lebens, im höchsten
Grade zuwider. Schon in früher Jugend lief ich weinend davon, als man mich
in ein Wachsfigurenkabinett führte, und noch kann ich kein solches Kabinett
betreten, ohne von einem unheimlichen grauenhaften Gefühl ergriffen zu
werden. Mit Macbeths Worten möchte ich rufen: Was starrst du mich an mit
Augen ohne Sehkraft? Wenn ich die stieren, toten, gläsernen Blicke all
der Potentaten, berühmten Helden und Mörder und Spitzbuben auf mich
gerichtet sehe, und ich bin überzeugt, daß die mehrsten Menschen
dies unheimliche Gefühl, wenn auch nicht in dem hohen Grade wie es in mir
waltet, mit mir teilen, denn man wird finden, daß im Wachsfigurenkabinett
auch die größte Menge Menschen nur ganz leise flüstert, man
hört selten ein lautes Wort; aus Ehrfurcht gegen die hohen Häupter
geschieht dies nicht, sondern es ist nur der Druck des Unheimlichen, Grauenhaften,
der den Zuschauern jenes Pianissimo abnötigt. Vollends sind mir die durch
die Mechanik nachgeahmten menschlichen Bewegungen toter Figuren sehr fatal,
und ich bin überzeugt, daß euer wunderbarer geistreicher Türke
mit seinem Augenverdrehen, Kopfwenden und Armerheben mich wie ein negromantisches
Ungetüm vorzüglich in schlaflosen Nächten verfolgen würde.'"
E.T.A.Hoffmann, Werke in vier Bänden, Band III, Salzburg
1980, S. 276
SUNGLASSES
Der Unterschied zwischen der Anonymität
eines Schauspielers und der eines anderen im Produktionsprozess eines Films,
sagen wir, eines Kostümbildners, eines Beleuchters, eines Dekorateurs,
besteht nicht zufällig darin, dass ersterer von einem deutlichen Namen,
der ihn ersetzt, verdeckt wird.
Während Schauspieler wie Dekorateur damit beschäftigt
sind, den Blick des Zuschauers auf die Geschichte hin- und, darunter, von der
physischen Realität des Gezeigten abzuwenden, tut der Schauspieler dies
in ungeschützter Form, indem er sich als Projektionswand zur Verfügung
stellt.
Der Dekorateur, der Kostümbildner, der Kameramann, der Beleuchter geben
ihm und den Dingen die Kleider, die das Bild strukturieren, sie 'entbeinen'
das Bild seiner Gerüste, mithin seines Leibs. Der Dekorateur, der Kameramann,
der Beleuchter bleiben auch im Anonymen Schöpfer, graue Eminenzen, die
die Spuren zu sich verwischt haben; der Schauspieler dagegen versucht, mit der
Überheblichkeit eines Stars die Wunden
zu kaschieren, die der Zuschauer ihm geschlagen hat. Es gilt, dem Blick standzuhalten,
der ihn zu den Kleidern schlägt, den Kleidern standzuhalten.