ALSO WIRKLICH!


Was die Brüder jetzt schon wieder von mir denken.

Es handelt sich lediglich um eine Zeichnung, die ich beiläufig gemacht hatte, als ich eine wunderschöne Schachpartie Karpow gegen Kasparow nachspielte (Moskau, 1985, sizilianisch). Vielen ist diese Partie bekannt, hier ist sie dennoch:

Weiss: Karpow / Schwarz: Kasparow

1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. d4 cd4: 4. Sd4: Sd6 5. Sc3 a6 6. Le2 e6 7. 0-0 Le7 8. f4 0-0 9. Kh1 Dc7 10. Lf3 Sc6 11. Le3 Te8 12. a4 Tb8 13. Dd2 Ld7 14. Sb3 b6 15. g4 Lc8 16. g5 Sd7 17. Df2 Lf8 18. Lg2 Lb7 19. Tad1 g6 20. Lc1 Tbc8 21. Td3 Sb4 22. Th3 Lg7 23. Le3 Te7! 24. Kg1 Tce8 25. Td1 f5 26. gf6: e.p. Sf6 27. Tg3 Tf7 28. Lb6: Db8 29. Le3 Sh5 30. Tg4 Sf6 31. Th4 g5! 32. fg5: Sg4 33. Dd2 Se3: 34. De3: Sc2: 35. Db6! La8! 36. Td6:? Tb7 37. Da6: Tb3: 38. Te6: Tb2: 39. Dc4 Kh8 40. e5 Da7+ 41. Kh1 Lg2:+ 42. Kg2: Sd4 (Weiss gibt auf).

Logfiles Zurück Weiter Goncourt's Flucht nach draußen

KONVENTIONEN

Man stelle sich einen Menschen in der Masse vor, der sich so gleichförmig in ihr bewegt, dass man in seiner Gegenwart den Eindruck hat, aus dem Zentrum der Masse verdrängt zu werden. Die eigentliche Konvention trägt ihre Dialektik in sich: in ihrer Vollendung, ihrer radikalen Verwechselbarkeit ist sie unverwechselbar. Man denke an Straßenbahnkontrolleure in Zivil: „so durchschnittlich, dass man sie nicht übersehen kann“ – was das heißt, weiß man, wenn man mit ihnen zu tun hat…

Die Masse Mensch dient bei Edgar Allen Poe und E.T.A. Hoffmann als Signum der Austauschbarkeit. Hoffmanns „Automate“ glänzt durch eine Reibungslosigkeit des Handelns, die als 'leblos' empfunden wird (wobei dieses Attribut oft an die Stelle von 'tot' tritt: es verweigert sich ebenso den POMPES FUNEBRES wie der Erkenntnis, dass, was tot ist, gelebt haben muß). Don Siegel’s „Body Snatcher's“ steht unter diesem Zeichen: die Menschen werden durch ihre geschliffensten Kopien ersetzt, und jene, die übrigbleiben, wissen das eigenartige Verhalten ihrer Freunde nicht recht zu beschreiben.

Nicht umsonst ist der Gangsterfilm ein geeignetes Spielfeld der Konvention, steht ihm doch hierfür die Metapher des tödlichen Schusses zur Verfügung: zum Gangster einer bestimmten Sorte Film gehört der graue Mantel, das Fehlen einer Identität, die Mechanik einer Geste und das Untertauchen in der Masse. Die kalkulierte 'Leblosigkeit' seines Verhaltens bedingt den Tod seines Opfers.

Was wäre nun, wenn man die Klischees beiseite ließe, auf eine Pointierung durch die Schusswaffe verzichtete und von der Darstellung der Konvention zu deren Verwirklichung überginge? Es hieße, die Konvention festzuschreiben, den Gangsterfilm seines Todes zu berauben.

Es hieße, einem Straßenbahnkontrolleur zu begegnen, dessen Anwesenheit deutlich zu spüren ist – wie die Des HErrn in den alten Schriften – ohne dass er jemandem die Karte abverlangte. Der Fahrgast stiege aus der Bahn, ein Stück lebloser als sonst, ohne dass er wüsste, warum.