KONVENTIONEN

Man stelle sich einen Menschen in der Masse vor, der sich so gleichförmig in ihr bewegt, dass man in seiner Gegenwart den Eindruck hat, aus dem Zentrum der Masse verdrängt zu werden. Die eigentliche Konvention trägt ihre Dialektik in sich: in ihrer Vollendung, ihrer radikalen Verwechselbarkeit ist sie unverwechselbar. Man denke an Straßenbahnkontrolleure in Zivil: „so durchschnittlich, dass man sie nicht übersehen kann“ – was das heißt, weiß man, wenn man mit ihnen zu tun hat…

Die Masse Mensch dient bei Edgar Allen Poe und E.T.A. Hoffmann als Signum der Austauschbarkeit. Hoffmanns „Automate“ glänzt durch eine Reibungslosigkeit des Handelns, die als 'leblos' empfunden wird (wobei dieses Attribut oft an die Stelle von 'tot' tritt: es verweigert sich ebenso den POMPES FUNEBRES wie der Erkenntnis, dass, was tot ist, gelebt haben muß). Don Siegel’s „Body Snatcher's“ steht unter diesem Zeichen: die Menschen werden durch ihre geschliffensten Kopien ersetzt, und jene, die übrigbleiben, wissen das eigenartige Verhalten ihrer Freunde nicht recht zu beschreiben.

Nicht umsonst ist der Gangsterfilm ein geeignetes Spielfeld der Konvention, steht ihm doch hierfür die Metapher des tödlichen Schusses zur Verfügung: zum Gangster einer bestimmten Sorte Film gehört der graue Mantel, das Fehlen einer Identität, die Mechanik einer Geste und das Untertauchen in der Masse. Die kalkulierte 'Leblosigkeit' seines Verhaltens bedingt den Tod seines Opfers.

Was wäre nun, wenn man die Klischees beiseite ließe, auf eine Pointierung durch die Schusswaffe verzichtete und von der Darstellung der Konvention zu deren Verwirklichung überginge? Es hieße, die Konvention festzuschreiben, den Gangsterfilm seines Todes zu berauben.

Es hieße, einem Straßenbahnkontrolleur zu begegnen, dessen Anwesenheit deutlich zu spüren ist – wie die Des HErrn in den alten Schriften – ohne dass er jemandem die Karte abverlangte. Der Fahrgast stiege aus der Bahn, ein Stück lebloser als sonst, ohne dass er wüsste, warum.

Logfiles Zurück Weiter Goncourt's Flucht nach draußen

SCHALTKREIS DES SATZES

SCHREIBE EINEN SATZ

Schreibe einen Satz, der alles zu erfassen vermag.

Verteile die Informationen einer Handlung so über die Schnittstellen eines Satzes, dass sie dessen Schaltung bewirken, statt ihn zu unterbrechen; dass sich die Bezeichnungen mit den Funktionen, die sie bezeichnen, decken; dass sie VOLLSTÄNDIG im Satz enthalten sind und ihm doch nicht im Wege - auf dass Du den Wald siehst und zugleich die Bäume.

BESCHREIBE EINE BEWEGUNG

Beschreibe den komplexen Bewegungsablauf eines Menschen nachts; dessen, der sich aus dem Bett erhebt; der einen Kühlschrank öffnet, eine Wasserflasche herausnimmt, sie öffnet, an die Lippen setzt, trinkt, absetzt, zuschraubt, wegstellt, sich setzt; und in die Gegend stiert.

Erstelle einen Satz oder mehrere, die kurz sind; die den Bewegungsablauf enthalten: als Information, zugleich als Rhythmus, als Syntax. Die die Bedeutung dieser Bewegung: ihre Alltäglichkeit darstellen und realisieren gleichermaßen: in einem Zuge: die die Minutiosität der Betrachtung mit größter Schlichtheit in die Handlung fügen, sie gleichsam aus der Peripherie hineinführen in das Zentrum des Satzes. Das meint den Blick der Lupe mit dem des Panoramas zu verweben: die Schilderung des Details mit der des übergreifenden Prozesses, die Informationen, je nachdem, als Substantiv, Verb, Artikel, Präposition, Pronomen in den großen Sprachstrom zu werfen, der sie gelassen schluckt, obgleich er selbst sich jederzeit in ihnen auflösen müsste.

DIE GLIEDER EINES SATZES VERLINKEN

Sich bei einer glaubwürdigen Autorität darüber versichern, wie oft man die Wörter 'dann', 'während', 'als', 'nachdem', 'darauf', 'wie', 'aber', 'doch', 'jedoch' innerhalb eines Absatzes, geschweige denn eines Satzes gebrauchen darf. Die unüberwindliche Vokabel 'und'.