DIE MASKE DES MIMEN
«Doktor, ich glaube ich sterbe. Aber ich weiß es nicht genau.»
Charles Chaplin als Calvero in LimeLights
Der Blick Calveros in «Limelights», das Lächeln zur Seite, als er erfährt, dass er ausgebootet worden ist: er bemüht sich nicht mit Witzen um sein Publikum.
Chaplin ist und ist nicht Calvero, den er sich als Maske aufsetzt. Wenn er mit Buster Keaton auf der Bühne steht - der ihm ebenbürtig ist und einsamer in seinen letzten Jahren - scheint die Filmgeschichte sich selbst zu schreiben. Die Clowns tragen ihre Masken in klassischer Weise: vor sich, in der Hand, jeder Zeit fähig, sie abzunehmen und gegen sich zu kehren.
Man erinnere sich an Anna Karina in «Vivre sa vie»: sie sitzt im Kino und bestrahlt das Gesicht der Jeanne d'Arc von Dreyer, das genauso chiffrenhaft ist wie ihr eigenes: zwei Ovale, das eine aus dem Kinogestühl aufschauend, das andere herabblickend von der Leinwand. Die Szene dauert einige Momente, das Bild wechselt von einer Seite zur andern, um das Verstreichen der Sekunden gleichzeitig spürbar und nichtig werden zu lassen.
Es werden die Gesichter der Karina, der Jeanne d'Arc nie wiederkehren, es werden dies auch nicht die Blicke von Chaplin und Keaton, alt und souverän geworden; es scheint, als hätte die Kamera ihnen die Chance dazu geraubt - man wird den Verlust datieren können.
Das Gesicht hat geschlossen. Von hier aus gibt es nur noch Zeit.