FRANZOSEN...
EDMOND
Wenn ich, einen Text mir vorlesend, auf Stellen stoße, an denen meine Zunge strauchelt, weil sie
nicht weiß, wie sie die variablen Konsonanten, Vokale verschluckend, zu
einem Satzbogen formen soll, frage ich mich ungläubig, ob der Autor, beim
Aufziehen seines kleinen stilistischen Uhrwerks, die Wörter tatsächlich
so verlinkt hat, dass ein Franzose sie mit Leichtigkeit bewältigen kann.
Bei Valéry immerhin oder Mallarmé müsste man sich dessen
sicher sein, nicht wahr, Jules?
JULES
Was, wenn nicht 'Stil' den Ausschlag zu seiner Formulierung gab? Wenn ein Wort zwingend hart auf ein
andres folgen muss, aus Gründen des Inhalts, nicht der Form? — Obschon
es merkwürdig, holprig, in gewisser Weise 'unfranzösisch' klingt (und
sei es nur in den Ohren Jemandes mit dem Abschluß der Ecole supérieure
normale).
EDMOND
Würde ein französischer Stilist je einen 'unfranzösischen' Satz schreiben können?
JULES
Frag Gustave.
Aber denkst Du nicht, dass die Wörter nicht ohnehin so beschaffen sind,
wie sie sich — nach herkömmlichem (richtigem?) Gebrauch — genuin
in die Sätze fügen? Dass nicht die Bewegung der Zunge [langue] durch
die Wörter, sondern die Wörter durch die Bewegung der Zunge [langage]
sich haben prägen lassen — dass sie im Lauf von Jahrhunderten nicht
nur verschliffen, sondern aus den Artikulationen überhaupt aufgefangen
wurden, woraus sie dann ihre Definitionen erhielten? So ließe sich jedes
Wort als pars pro toto seiner Vermarktung
betrachten, nicht wahr, Edmond.
EDMOND
Dass Du alles so weltlich siehst, Jules.