EN PLEIN AIR

Laß mich folgendes Bild malen: inmitten einer Landschaft aus Stromzählern, Verkehrsschildern, Plakatresten, Schaufenstern, Hydranten das Tableau einer romantischen Berglandschaft. Die Akribie, mit der ich sie male: als ob sie existierte. Das entbehrt nicht der Ironie: die absolute Verneinung der Realität, die vollkommene Beziehungslosigkeit, wenn nicht Irrelevanz zwischen mir und dem Bild: ein schmerzhaftes Gefühl der Absurdität.

Anders: nehmen wir etwas Charakteristisches für die Straße einer deutschen Stadt, den Stromzähler. Ihn abmalen, mit äußerster Detailtreue, nichts auslassend:

nicht den verdreckten Sockel, das graue, von einer Plastikkappe verdeckte Schlüsselloch, nicht den Warnhinweis, die Überreste der Plakate, die an ihn geklebt, dann wieder abgerissen wurden; nicht seine zahllosen Schrammen, das Moos unter seinen Fugen. Nichts verfremden. Dahinter die Straße, die Fahrzeuge auf der Fahrbahn, die vorbeifahren, hupen, stehenbleiben, sich in Parkplätze ordnen, ausfahren, überholen, bremsen, quietschen, schlittern; die Scherben, die allenthalben umherliegen, Papierfetzen, kleine Steine, Blech und Plastik, Kronkorken, Dosenverschlüsse, Zigarettenstummel. Ein diffuses graues oder ein hartes Sonnenlicht, oder Regen, der die Straße schwärzt, Regenreste, die trocknen und Flecken mit stumpfen Rändern hinterlassen. Stromkabel, ein geometrisches Netz von ihnen. Masten, Ampeln, Stangen, Ketten, Büsche, Grasflächen, Mörtel, Gullis. Wenn Bäume in der Nähe sind, auch Zweige oder Blätter, eventuell Kastanien.

Je vollkommener der gemalte Stromzähler dem echten ähnelte, desto mehr tilgte ich mich aus seiner Welt, desto radikaler löschte ich mich aus dem Plan meines Bildes. Die absolute Kontemplation. Das ist mit Wirklichkeit unvereinbar. Die Erfahrung, daß es diesen Kasten, den ich male, nicht zweimal geben kann, im Bild nicht, auch nicht im Spiegel.

Logfiles Zurück Weiter Goncourt's Flucht nach draußen

LEGITIMATIONEN

Das Zimmer, das er bewohnt, mit den Dingen, die von ihm stammen, das Bett, in dem er schläft, der Schrank mit seinen Kleidern und das Fenster, das ihm als Auge dient. Von den Büchern hat er jede Seite, Wort um Wort gelesen; über alles hat er seine Hand streifen lassen, alles ist von ihm berührt, sortiert, gerichtet worden, an einen Platz gestellt, für diesen Platz geschaffen.

Wenn er aber verschwindet?

Das Zimmer existiert weiter. Doch das, was es hätte erklären können, ist nicht mehr. Das Zimmer gerät zu einem Schatten dessen, der ohne Abschied gegangen war. Die Bücher, vorher «Werke», sind nur noch Papier, das Fenster kein Auge mehr, die Buchtungen im Bett absurd, denn worauf verweisen sie?

Ein neuer Mieter wird einziehen. Die Bücher wandern auf den Müll, das Bett, der Schrank werden folgen. Tapeten werden abgerissen und durch neue ersetzt. Kein Zweifel: das Haus, in dem sich das Zimmer befindet, vermag die Lücke zu schließen, die durch das Verschwinden des Vormieters entstanden war, es haftet dem aber etwas Ungehöriges an — kann es sich noch irgend begründen ohne Erinnerung an den, der es bewohnt und zu dem gemacht hat, was es ist?

Das Vergessen, das sich über diese Wunde schließt, nimmt ihm einen Grund, überhaupt zu sein; Gespenstergeschichten nehmen von hier ihren Ausgang.